Gemeinsame PRESSEMITTEILUNG des dbb bremen und der DSTG Bremen
Ob bei Bränden, in Notlagen, beim Schutz der öffentlichen Ordnung, bei der Bearbeitung von Steuererklärungen oder bei der schnellen Auszahlung von Bürgergeld – der öffentliche Dienst ist da, wenn Bremen und Bremerhaven ihn brauchen. Feuerwehrleute löschen Brände, Polizistinnen und Polizisten sorgen für Sicherheit auf unseren Straßen, Finanzbeamtinnen und Finanzbeamte garantieren Steuergerechtigkeit und leisten durch zügige Bearbeitung von Steuererklärungen einen wichtigen Beitrag zur Haushaltsstabilität. Verwaltungsmitarbeitende kümmern sich verlässlich um Anträge auf Sozialleistungen, damit Bürgerinnen und Bürger schnelle und unbürokratische Hilfe erhalten.
Diese Funktionsfähigkeit ist kein Selbstläufer. Der demografische Wandel ist im öffentlichen Dienst längst Realität: Tausende Beschäftigte stehen kurz vor dem Ruhestand und rund 550 000 Stellen sind bundesweit unbesetzt. Gleichzeitig wird es immer schwieriger, Nachwuchskräfte zu gewinnen. Der Wettbewerb mit der freien Wirtschaft ist hart – nicht nur wegen der Bezahlung, sondern auch aufgrund der Arbeitsbedingungen. Schon heute bleiben auch in Bremen viele Stellen unbesetzt, weil es schlicht an Bewerberinnen und Bewerbern fehlt.
Vor diesem Hintergrund ist die geplante Erhöhung der Wochenarbeitszeit für Beamtinnen und Beamte ohne Lohnausgleich ein verheerendes Signal. Sie ist nicht zeitgemäß, verschärft das Personalproblem zusätzlich und macht den öffentlichen Dienst als Arbeitgeber noch unattraktiver. Während in der freien Wirtschaft vielfach flexible Arbeitszeitmodelle und eine bessere Work-Life-Balance Standard sind, droht im öffentlichen Dienst nun ein Rückschritt. Das ist nicht nur unfair gegenüber denjenigen, die tagtäglich den Betrieb unserer Gesellschaft am Laufen halten – es ist auch gefährlich.
Denn wenn Stellen weiterhin nicht besetzt werden können, bedeutet das konkret: Es brennt – aber die Feuerwehr kommt zu spät. Ein Notruf geht ein – aber niemand ist sofort erreichbar. Ein Bürgergeld-Antrag wird gestellt – aber die Bearbeitung verzögert sich über Wochen. Eine Steuererklärung liegt vor – aber sie bleibt unbearbeitet, weil Personal fehlt.
Dabei darf nicht vergessen werden: Die Beamtinnen und Beamten haben bereits in der Vergangenheit erhebliche Sonderopfer geleistet. Bereits zum 1. Juni 1997 wurde ihre Wochenarbeitszeit im Rahmen damaliger Haushaltskonsolidierungen von 38,5 auf 40 Stunden erhöht – ebenfalls ohne jegliche finanzielle Kompensation. Dieser Verzicht war ein Beitrag zur Stabilisierung der öffentlichen Finanzen. Eine erneute Mehrbelastung ohne Ausgleich stellt eine doppelte Missachtung dieses früheren Entgegenkommens dar.
Darüber hinaus führt die geplante Maßnahme zu massiven sozialen Ungleichgewichten. Besonders beamtete Teilzeitbeschäftigte, die häufig familiäre Verantwortung tragen – also überwiegend Frauen – werden durch die Erhöhung der Wochenarbeitszeit benachteiligt. Wer seine Arbeitszeit nicht erhöhen kann, bekommt im Verhältnis weniger Gehalt: Eine faktische Lohnkürzung. Das ist nicht nur ungerecht, sondern auch ein Schlag gegen die Bemühungen um Gleichstellung im öffentlichen Dienst.
Die sozialen Konsequenzen werden durch den geringen volkswirtschaftlichen Nutzen noch verstärkt. Der Zugewinn durch eine zusätzliche Wochenarbeitsstunde fällt marginal aus – während das Vertrauen der Beschäftigten schwindet und das Image des öffentlichen Dienstes als verlässlicher und attraktiver Arbeitgeber weiter leidet. Das Verhältnis zwischen Aufwand und tatsächlichem Ertrag steht in keinem Verhältnis. Stattdessen drohen Demotivation, innere Kündigung und wachsender Frust bei den Beschäftigten – mit weitreichenden Folgen für die Arbeitsfähigkeit der gesamten Verwaltung.
Anstatt strukturelle Probleme anzugehen, sollen die Beschäftigten nun die Versäumnisse der Politik ausbaden. Ein besonders klares Beispiel zeigt sich in der bremischen Finanzverwaltung: Allein im Mai gingen je Vollzeitäquivalent fast zwei Wochen Arbeitszeit durch EDV-Ausfälle verloren. Eine stabile und moderne IT-Infrastruktur hätte nicht nur einen deutlich höheren Beitrag zur Effizienzsteigerung geleistet als eine erzwungene Mehrstunde – sie wäre ein dringend notwendiger Schritt in Richtung Zukunftsfähigkeit. Und das betrifft längst nicht nur die Finanzverwaltung: In nahezu allen Bereichen der bremischen Verwaltung bestehen erhebliche Defizite bei der digitalen Ausstattung, die tagtäglich zu Arbeitsverzögerungen, Frustration und Ineffizienz führen. Wer wirklich etwas verbessern will, muss hier ansetzen – nicht bei den Arbeitszeiten der Beschäftigten.
dbb Landesvorsitzender Olaf Wietschorke: „Der Staat darf sich nicht zurückziehen – weder aus der Daseinsvorsorge noch aus seiner Verantwortung gegenüber den eigenen Beschäftigten. Wer heute kürzt, spart morgen an der Sicherheit, der Gerechtigkeit und der Handlungsfähigkeit des Staates“.
Wir fordern den Bremer Senat auf, diese Pläne zurückzunehmen. Der öffentliche Dienst verdient Respekt – nicht Mehrarbeit ohne Ausgleich.
Sollte es unabdingbar sein, die Erhöhung der Wochenarbeitszeit in Bremen zu erhöhen, sollten zumindest soziale Komponenten wie beim Bund, in Hessen, Bayern oder Hamburg Berücksichtigung finden!